Ein Netzmedium muß nicht nur als wachsende Liste prodziert werden, sondern kann auch in „Ausgaben“ erscheinen. Genau das wird hier versucht. Die erste Lieferung von Versuchsräume in Schichten (ViS) umfaßt sechzehn Beiträge. Auf das einführende Vorwort mitsamt einem Fausts Pudel beschwörenden Kommentar folgt ein Originaltext über die Krise des Faktischen: Postmodernes Verschwörungswissen. Dazu paßt die kleine futuristische Erzählung Am Wüstenstrand über einen Reisenden, der auf seinem Kamel am Wiener Burgtheater vorbei ans Meer kommt.
Phantastisch war Jozef Wouters’ Emanzipierte Kulisse Infini 1 – 18 bei den Wiener Festwochen 2022, optimistisch mein Vortrag Zwischen Punk und Paradies über die Zukunft des zeitgenössischen Tanzes, wie ich sie mir 2010 vorstellte. Vor zwanzig Jahren hat mich das slowenische Magazin Maska eingeladen, einen Text über den „Konzepttanz“ zu schreiben, den ich bis heute lieber als konzeptuelle Choreografie bezeichne.
Meinen Versuch, der damals herrschenden Mißstimmung auflockernd mit Wienerischem Witz zu begegnen, habe ich (stimmungsgemäß auf Englisch) mit Die spirituelle Anmut des konzeptuellen Tanzes betitelt. Emil Hrvatin – er hieß in diesen Tagen noch nicht Janez Janša und leitete die Zeitschrift bis 2021 – ersuchte mich, noch extra anzufügen, was konzeptuelle Choreografie für mich hieß. Dem kam ich, siehe den Artikel-Anhang, freundlich nach.
Zwei Jahre später durfte ich eine Überlegung zu Künstlerresidenzen für ein vom Tanzquartier Wien finanziertes Maska-Supplement verfassen, das hier unter der Überschrift Gastronomie für Geister wiederveröffentlicht wird. Daß eine gewisse Rita (eigentlich: Rità) Monteve 2008 ihre auf Choreianisch verfasste Danscience Fiction schreiben konnte, verdankt sie mir, ebenso die einigermaßen flüssige Übersetzung ins Deutsche für die originale Publikation auf corpusweb.net.
Der Autor selbst verantwortet das größere literarische Projekt HOTSCHIT, auf das ein Fragment, Black Box Down on Grigori, einen ersten Blick erlaubt. Es ist zwar nur ein Test, aber mehr als bloß ein Ballon. Anders als Die progressive Fischkultur – kein Versuch, sondern eine Versuchung –, in der Helene von Molochowetz, die Autorin des Buchs Geschenk für junge Hausfrauen (dt. 1877, russische Erstausgabe 1861), gewürdigt und rekontextualisiert wird. Möglicherweise ist dieser Abriß keine geeignete Lektüre für trendige „Tradwives“.
Leider hat eine singuläre Inkarnation – sie ist wirklich mehr als nur mein Archiv – Hareys Blog, ihren 2012 begonnenen und 2016 einmalig ergänzten Bericht nicht sehr konsequent geschrieben. Ob sie sich im Kommentar zum Vorwort dieser Erstausgabe von ViS das Pseudonym Canis operandi umgehängt hat oder ob der handelnde Hund eine eigenständige Fiktion ist, darf ich nicht verraten. Dafür zeige ich ein paar Biografische Bausteine meines Daseins, aus denen Harey sich heraushält.
Vor 33 Jahren habe ich, damals im Wiener Journal, Desastres de la guerra als Kritik am Kolonialismus geschrieben. Und 2017 auf corpusweb.net unter Die Kunst und ihre Killer über Tom Fords Film Nocturnal Animals nachgedacht. Beide Artikel machen das Maß für diese ViS-Erstausgabe voll. Auf ein zusammenfassendes Motto verzichte ich vorerst und kann nicht garantieren, daß ein solches noch nachgeliefert wird.
(30.11.2025)